25. Juli 1992 – Eröffnung des BNH.
Drei Organisationen, hatten zur Feier der Eröffmung eingeladen: der Bund der Deutschen-Landschaft Egerland, der Bund der Egerländer Gmoin und die Euregio Egrensis. Das Begegnungszentrum im BaIthasar-Neumann-Haus am Franziskanerplatz der ehemals freien Reichsstadt ist Wirklichkeit geworden. Das große Ereignis erregte großes Interesse, der sich im Besuch widerspiegelte. Der Bundesvüastäiha (Bundesvorsteher) des Bundes der Egerländer Gmoin, zugleich Mitglied des Bundesvorstandes der Sudetendeutschen Landsmannschaft, Seff Heil (Sulzbach - Rosenberg), hatte es somit nicht leicht, nach Protokoll zu verfahren, zumal einige der zahlreichen Ehrengäste und andere Teilnehmer der Eröffnungsfeier am vergangenen Sonntagvormittag Mühe hatten, einen Platz in dem überfüllten Raum zu finden. Vor dem Eingang drängten sich später eingetroffene Gäste, während sich draußen ein heftiger Wolkenbruch entlud.
Zum zahlreichen Besuch der Veranstaltung trugen auch die Teilnehmer der gerade beendeten Tagung der Begegnungszentren in Marienbad bei, die es sich nicht nehmen ließen, auch in Eger dabei zu sein, gehörte das Ereignis doch gewissermaßen zum Thema - und das nicht nur in einem abstrakten Sinn.
Aus Bayern waren der Sprecher der sudetendeutschen Volksgruppe, Staatsminister a. D. Franz Neubauer, der frühere Bundesverkehrsminister Dr. Jürgen Warnke (Selb) mit Gattin, der Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag, Wolfgang Bötsch, der parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Fraktion Rudolf Kraus, MdB, gekommen. Ihre Anteilnahme bekundeten durch ihre Anwesenheit die Vertreter fast aller Egerländer Heimatkreise und -vereine, die „Vüahstäiha“ von Egerländer Gmoin in Bayern und aus dem Vogtland und nicht zuletzt der Zusammenschlüsse der Restvolksgruppe in Westböhmen. Für diese sprach Hilde Sura, die Vorsitzende des Bundes der Deutschen - Landschaft Egerland, die unter anderem dazu aufforderte, den im Lande verbliebenen deutschen Landsleuten Verständnis entgegenzubringen.
Das Bayerische Staatsministerium für Arbeit, Familie und Sozialordnung war durch den Ministerialdirigenten Dr. Hartmut Singbartl, selbst Egerländer, der aus Marienbad gekommen war, vertreten. Von Bundesvorstand und Bundesgeschäftsstelle nahmen Bundesgeschäftsführer Horst Löffler und der Geschäftsführer des Sudetendeutschen Tages, Dieter Max, Bundesvorstandsmitglied Wolfgang Bauer und Abteilungsleiter Franz N. Pany an dem Ereignis teil; vom Bundesministerium des Innern Regierungsrat Sroge. Zu den Teilnehmern zählte auch der einzige Abgeordnete deutscher Nationalität im neugewählten Bundesparlament der Tschechischen Republik, Erich Kříž. Aus Karlsbad war der unseren Lesern bekannte Dr. Stanislav Burachovič zugegen, präsent auch Dr. Jaromir Boháč, Stadt-und Bezirksarchivar des heutigen Eger, einer der maßgeblichen Initiatoren der Euregio Egrensis. Die Stadt Eger (Cheb) war durch Primator Linda und seinen Stellvertreter Morävek vertreten. Das Stadtoberhaupt sprach sein Grußwort in Tschechisch, Stellvertreter Petr Morävek übersetzte ins Deutsche. Weitere Grußworte richteten Walter Piverka, der Vorsitzende des Verbandes der Deutschen in der ČSFR, und Lm. Brisko, letzterer im Namen des Egerer Landtages, an die Anwesenden.
Geschenke überreichten Horst Süßner, „Vüastäiha“ der Allegerländer Gmoi z' Rawetz (Marktredwitz) und der in Eger geborene Münchner Großverleger Dr. Herbert Fleissner. Wolfgang Bötsch erinnerte an die historische Beziehung zwischen seiner Heimatstadt Würzburg und der alten Reichsstadt Eger, Wirkungsstätte und Geburtsstätte des großen Balthasar Neumann, dessen Namen das Begegnungszentrum nun trägt. Die Festansprache hielt der Sprecher der Sudetendeutschen, Franz Neubauer, der ausführte:
„Das jahrhundertelange Zusammenleben von Tschechen und Deutschen in den böhmischen Landern ist in unserem nun zu Ende gehenden Jahrhundert in schwere Turbulenzen geraten und zunächst einmal nahezu völlig zerbrochen. Was nach den Worten des Staatsgründers Thomas Garrigue Masaryk eine zweite Schweiz und ein Musterbeispiel des Zusammenlebens vieler Völker in einem Staat werden sollte – die erste Tschecho-slowakische Republik - geriet statt zum Nationalitäten-zum Nationalstaat und wurde Schauplatz nationaler Kämpfe und verbissener Auseinanderset- zungen. Der Staat zerbrach schließlich nicht nur durch Großmacht- und Vorherrschaftspolitik der mitteleuropäischen Mächte, sondern auch an seinen inneren Widersprüchen. Daß die Besetzung der tschechischen Siedlungsgebiete Böhmens und Mährens und die Errichtung eines sogenannten Protektorats durch das damalige Deutsche Reich Unrecht war und gegen die elementarsten Grundsätze des Selbstbestimmungsrechtes verstieß, haben wir Sudetendeutsche wiederholt und in aller Klarheit und Deutlichkeit zum Ausdruck gebracht. Ebenso zu verurteilen ist aber natürlich die nach Ende des Krieges erfolgte millionenfache Vertreibung der Sudetendeutschen aus ihren Heimatgebieten, die durch nichts zu rechtfertigen ist und je- dem Völker- und Menschenrecht Hohn spricht.“ Neubauer fuhr fort:
„Seit dieser Vertreibung hat über mehrere Jahrzehnte hinweg eine weitgehende Sprachlosigkeit zwischen Sudetendeutschen und Tschechen Platz ergriffen. Tiefe Gräben und hohe Barrieren verhinderten über mehr als 40 Jahre eine Aufarbeitung des Geschehenen und den Versuch eines Neuanfangs. Erst der Untergang des kommunistischen Systems hat nun die Chance zu neuer Begegnung eröffnet, bietet die Möglichkeit der Überwindung alter Feindschaften und die Ansätze neuer Entwicklungen.
Auch wenn die Politik sich noch sehr schwer tut in der Überwindung alter Denkschemata und dem Abbau tiefsitzender Vorurteile - auf anderen Ebenen hat der Prozeß der Aufarbeitung und der Annäherung bereits begonnen. Gemeinsame sudetendeutsch-tschechische Kulturveranstaltungen, wissenschaftliche Begegnungen, Renovierungen verfallener Kulturdenkmäler und manches andere mehr gibt beredt Zeugnis davon. Es ist dies ein Weg, der weitergegangen und intensiviert werden sollte.“
Zur Einrichtung von Begegnungszentren im besonderen sagte Franz Neubauer:
„Dazu gehören ohne Zweifel auch die Begegnungszentren, die nun in gemeinsamer Anstrengung der im Lande verbliebenen Deutschen und ihrer vertriebenen Landsleute, in Zusammenarbeit mit tschechischen Institutionen und mit Unterstützung durch die Bundesrepublik Deutschland in Böhmen, Mähren und Schlesien entstehen. Für den Bereich des Egerlandes ist Eger als Standort ausgewählt worden, und wir haben heute die Freude, dieses Zentrum, das den Namen eines der größten Persönlichkeiten des Egerlandes trägt, offiziell zu eröffnen.
Dieses Balthasar-Neumann-Haus, an idealer Stelle inmitten der Altstadt von Eger gelegen, bringt alle Voraussetzungen mit, um ein Kristallisationspunkt des kulturellen Lebens im Egerland zu werden. Es erfüllt eine ganz besondere Aufgabe, nämlich Heimstätte und Vermächtnisträger der uralten deutschen Kultur innerhalb dieses Herzraumes Europas zu sein. In die Zukunft gewendet, verpflichtet diese Tradition das Haus, seine Türen weit zu öffnen für den Austausch zwischen dem tschechischen und dem deutschen Kulturleben, zwischen Bayern und Böhmen.
Der Name Balthasar-Neumann-Haus erscheint mir in diesem Zusammenhang besonders glücklich; denn er erinnert nicht nur an den größten Sohn der Stadt, einen der bedeutendsten deutschen Baumeister, sondern er schlägt auch die Brücke zwischen dem Land seiner Herkunft, Böhmen, und dem Land seines hauptsächlichen Wirkens, der uralten Brückenlandschaft Franken, heute ein Teil Bayerns und der Bundesrepublik Deutschland.“
Des weiteren wünschte der Sprecher dem Balthasar-Neumann-Haus ein erfolgreiches Wirken und die Erfüllung seiner Aufgaben, die er wie folgt charakterisierte:
„Dieses Balthasar-Neumann-Haus hat daruber hinaus aber eine weitere Aufgabe, die wir besonders wichtig nehmen: Treffpunk und Betreunngstelle für die im Lande lebenden Deutschen zu sein, Stützpunkt, unserer in der Heimat verbliebenen Landsleute. Ihr kulturelles Leben, die Bewahrung ihrer nationalen Identität, die Erhaltung ihrer Gemeinschaften sind das vornehmste Ziel dieser Einrichtung. Wir, die wir 1945 aus unserer Heimat vertrieben wurden, hatten gewiß kein leichtes Schicksal; aber wir wissen sehr gut, daß ihr Weg in den über vier Jahrzehnten der totalitären Herrschaft und der antideutschen kommunistischen Propaganda der schwerste aller mögichen Wege war.
Das Balthasar-Neumann-Haus möge dazu beitragen, daß die Deutschen des Egerlandes zu einem aktiven und fruchtbaren Element des Austausches und der Wiederbegegnung zwischen Deutschen und Tschechen werden können. Jahrzehntelang lag unsere gemeinsame Heimat, der wir uns - ob Sudetendeutsche oder Tschechen – in treuer Anhänglichkeit verbunden fühlen, im Schatten von Wachtürmen, Stacheldraht und Panzern. Was einst Kernland mitteleuropäischer Geschichte war, wurde zum vernachlässigten Grenzland, ja schlimmer noch: zum Aufmarschgebiet für einen möglichen, schrecklichen Krieg. Dieser Alpdruck ist von uns genommen. Nun gilt es, wieder zusammenzufügen, was unser Jahrhundert mutwillig zerbrochen hat.“
Franz Neubauer, schloß seine Ansprache wie folgt: „Wir Sudetendeutsche wollen dafür unsere Beiträge leisten – in offener und vertrauensvoller Begegnung mit unseren Nachbarn und Landsleuten. Wir sind zuversichtlich, daß das Balthasar-Neumann-Haus in Eger einen großen Beitrag in diesem Sinne leisten kann, als ein Haus, das seine Türen weit geöffnet hat für alle Freunde des Egerlandes. Und wir sind darüberhinaus zuversichtlich, daß letzten Endes im Verhältnis zwischen Tschechen und Sudetendeutschen nicht die Eiferer und Fanatiker, die Hassenden und Vorurteilsbehafteten die Oberhand behalten werden, sondern daß Wahrheit und rechtliches Denken, Menschlichkeit und Verständnis siegen und zu einer neuen Ära friedlichen und erfolgreichen Zusammenlebens führen verden. Möge dieses Haus hier in Eger seilen Beitrag dazu leisten.“
Die Rede wurde mit Beifall aufgenommen. Nicht fehlen durften einige musikalische Darbietungen. So erfreuten die Sängerinnen des Chores des Verbandes der Deutchen/Kulturverband aus Graslitz ihre Zuhörerschaft mit Liedern, die zum Teil in Mundart erklangen, und das Duo Rubner (Harmonika und Dudelsack) aus „Rawetz“ spielte temperamentvoll auf. Enttäuscht waren die Teilnehmer jedoch, weil der zur Einweihung bestellte Priester aus Gründen, die bis zum Ende der Feier unerforscht blieben, nicht erschien. So mußte die kirchliche Weihehandlung aufgeschoben werden. Das gemeinsame Essen im Ratskeller fand im engeren Kreise statt, da die Zahl der Teilnehmer groß war, um allen einen Platz zu sichern. Das Regenwetter ermunterte nicht zu größeren Unternehmungen.
Der Weg zum Egerer Bahnhof offenbarte die Tristesse, die vier Jahrzehnte Kommunismus als Erbe hinterließen. Es bleibt, dies sei der abschließende Eindruck, den es mitzuteilen gilt, noch viel zu tun, der alten Reichstadt, die zum Mittelpunkt einer grenzübergreifenden Region ausersehen ist, ein würdiges Aussehen – auch außerhalb ihres historischen Stadtkerns – wiederzugeben.
Leiter des Balthasar-Neumann-Hauses: Dr. Jaromír Boháč.
Sekretär: Vladimír Richter
Geschäftsführung: Voraussichtlich ab Mai Hilde Sura,Vorsitzende vom Bund der Deutschen-Landschaft
Das Balthasar Neumann Haus soll in erster Linie eine Begegnungsstätte für Deutsche und Tschechen sein. Eine ständige Einrichtung sind die "Egerer Gespräche" am letzten Donnerstag jeden Monats mit wechselnden Referenten und unterschiedlichen Themen, die vor allem der geschichtlichen Aufklärung dienen. In Wechselausstellungen soll auf den geschicht1ichen und kulturellen Rang des Egerlandes hingewiesen werden.
Bekanntlich braucht alles seine Zeit. Bis eine solche Begegnungsstätte alle Wünsche erfüllen kann, wird noch einige Zeit vergehen. Wir können stolz darauf sein, die Voraussetzungen dafür geschaffen zu haben.
Nun suchen wir Freunde und Förderer die mithelfen wollen, unsere gestellten Aufgaben zu erfüllen.
Vorläufige Öffnungszeiten: Montag bis Freitag: 9-12 und l3-16 Uhr.
Telefon und Telefax: 0042/166/22992 (bei Fax vorher anrufen w. Umstellung)
Konto: 71423 BLZ 781 500 00 Sparkasse Marktredwitz
Anschrift: Balthasar Neumann Haus, Františkánské nám.3, CR-351 0l Cheb
Interessenten für einen Förderkreis können sich melden bei: Bund der Egerländer Gmoin, Seidelstraβe 7a, 8458 Sulzbach-Rosenberg - Telefon. 09661/3292, Telefax: 53792
DAS BALTHASAR NEUMANN HAUS IN EGER EINE BEGENUNGSSTÄTTE BESONDERER ART - SEFF HEIL:
Die umwälzenden politischen Veränderungen im ehemaligen Ostblock und die Beseitigung des sogenannten "Eisernen Vorhangs" haben auch für uns Heimatvertriebene eine Fülle von neuen Möglichkeiten geschaffen, die es zu nutzen gilt. Hauptursache für die Verständnislosigkeit gegenüber den berechtigten Forderungen der Heimatvertriebenen ist das erschreckende Unwissen der Bevölkerung in den Aufnahmeländern und vor allen Dingen in den Vertreiberländern über die Ursachen der verheerenden Ereignisse in der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts. Immer wieder wird die Vertreibung der Sudetendeutschen a1s Folge des "Münchner Abkommens" bezeichnet. Daβ aber die nationalen Spannungen bereits 1848 begonnen haben und mit der Gründung der "Ersten Tschechoslowakischen Republik" und der damit verbundenen Unterdrückung des Selbstbestimmungsrechtes der Sudetendeutschen ihren Höhepunkt fanden, ist nur ganz wenigen bekannt.
Unsere Aufgabe ist es, das Wissen um diese Vorgänge wahrheitsgemäb, sachlich und ohne jede Polemik an die Wahrheitssuchenden heranzutragen. Das ist nicht einfach, da die Medien sich daran kaum beteiligen und manche Politiker dieser Aufklärung aus Angst vor den Konsequenzen lieber aus dem Wege gehen.
Der Bund der Egerländer Gmoin hat schon sehr bald diesen Aufklärungsmangel erkannt und von sich aus versucht,Abhilfe zu schaffen. Wir haben unseren heimabverbliebenen Landsleuten geholfen, einen eigenen Dachverband zu gründen, den "Bund der Deutschen-Landschaft Egerland". Durch ihr Bekenntnis zum Deutschtum sind sie die letzten Zeugen deutscher Kultur im Egerland. Das verdient unsere Unterstützung mit allen Mitteln.
Mit der Einrichtung eines Begegnungszentrums, dem Balthasar Neumann Haus in Eger, haben wir Ihnen die Möglichkeit gegeben, sich regelmäbig zusammenzufinden um ihre verlorene Identität wieder zurückzugewinnen. In einem qroβen Lesesaal kann von der reichhaltigen Bibliothek Gebrauch gemacht werden. Ein grober Vortragssaal ein kleinerer Seminarsaal bieten Gelegenheit für Versammlungen und Vorträge. Im Erdgeschob können Wechselausstellungen gezeigt werden. Die Buroräume im zweiten Stock sind mit der notwendigen Bürotechnik ausgestattet. Die Renovierungs- und Einrichtungskosten wurden vom Bundesministerium des Innern in Bonn übernommen. Dazu war es notwendig eine Trägergesellschaft zu gründen.